Ein Bild lügt mehr als 1000 Worte – Bildmanipulationen und fotopädagogische Konsequenzen
Die Fotografie hat seit ihrer Erfindung den Ruf, die Realität abzubilden. Seit jeher haben Fotograf*innen die Aussage von Fotos gestaltet und so festgelegt, was die Betrachter*in aus dem Foto herauslesen soll. Fotografien haben immer einen informativen und einen emotionalen Charakter. Die durch Bilder vermittelten Emotionen beeinflussen unsere Stimmung. Sie wirken sich sehr stark auf unser Bewusstsein und unsere Denkweise aus.
Dieser Effekt ist Grundlage jedes Fotos, das eine Geschichte erzählen soll. Sei es für Werbefotos, Bildreportagen, künstlerische und auch dokumentarische Fotografie. Bildaussagen zu gestalten ist Bestandteil der Professionalität von Fotograf*innen. Aber wo ist die Grenze zur Bildverfälschung?
Schon beim Fotografieren wird die Bildaussage bestimmt.
Ein Foto ist immer eine Interpretation der Fotograf*in, die durch Fototechnik und Bildgestaltung ihre/seine Sicht der Welt abbildet.
Allein die Wahl des Augenblickes sorgt für eine bestimmte Stimmung oder Aussage. Zwischen einem freundlich, offenen Blick oder einem grübelnden Gesicht liegen oft nur Sekundenbruchteile.
Durch die Bestimmung des Ausschnitts werden unwichtige oder störende Aspekte weggelassen. Die Bildaussage wird auf scheinbar Bedeutungsvolles fokussiert. Mit der Wahl der Perspektive werden Personen oder Gegenstände erniedrigt oder erhöht. Es wird fotografisch Distanz geschaffen oder Nähe hergestellt. Einstellungen wie die Wahl der Blende und der Belichtungszeit beeinflussen, was im Bild wie dargestellt wird. Sie schaffen dabei Stimmung und beeinflussen die Aussage.
Die fotografisch eingefangene Gestik und Pose bestimmen ebenso die Bildaussage wie Kameraperspektive, Ausschnitt oder Blende. Sie entscheiden, wie das Abbild der Person auf Betrachter*innen wirkt. (Bildquellen: Trump by Gage Skidmore, Flickr CC-Lizenz; Obama by US-Embasy, Flickr, Public Domain)
Durch die Präsentation des Fotos kann die Aussage verstärkt oder verändert werden.
Auch bei der Veröffentlichung gibt es viele Möglichkeiten der Beeinflussung. Es macht einen Unterschied, in welcher Pose und mit welchem Gesichtsausdruck etwa ein Politiker abgebildet wird. Beispielsweise gibt es in der deutschsprachigen Presse wenige freundliche Fotos von Donald Trump zu sehen aber sehr viele von Barak Obama.
Echte Fakes entstehen dadurch, dass Bilder zeitlich oder örtlich falsch zugeordnet werden oder durch die Bildunterschrift eine Umdeutung erfahren. Dies passiert oft bei Social-Media-Posts aber leider auch immer wieder in seriösen Medien.
In diesem Filmbeitrag des ZDF werden mehrere Vorgehensweise der Bildmanipulation gezeigt. Quelle: www.youtube.com/watch?v=8flh3qMOgwY
Mit technischen Möglichkeiten können Bilder verändert und manipuliert werden
Seit jeher wurden Fotos direkt manipuliert. So wurden beispielsweise Personen aus Bilder entfernt oder hinein kopiert. Dies fand schon in der der Zeit der analogen Fotografie statt, wurde aber durch die Möglichkeiten der digitalen Bildbearbeitung noch einfacher und kann nun dank moderner Algorithmen schon automatisiert geschehen.
Schon früher wurden Bilder manipuliert: So wurde schon 1860 aus dem Porträt des amerikanischen Politikers John Calhoun der Kopf von Abraham Lincoln montiert. (Foto: public domain)
Bildmanipulationen gab es schon vor der Erfindung der Fotografie. Auch früher stellten Maler*innen ihre Herrschaften in ein gutes Licht und schufen „alternative Fakten“ etwa bei Gemälden, die besondere Ereignisse wie Krönungen oder auch Schlachten zeigten.
Konsequenzen für fotopädagogisches Handeln
Die Rezeption von Fotos sollte immer wieder Bestandteil unserer fotopädagogischen Bemühungen sein. Wir als Fotograf*innen und Pädagog*innen haben den Auftrag, unseren Mitmenschen eine medienkritische Sichtweise zu vermitteln.
Wichtig ist sich immer wieder bewusst zumachen, dass kein Bild die Wirklichkeit an sich abbilden kann. Fotos sind nie objektiv und nie neutral.
Das Kontrollieren von Quellen und Angaben zum Bild sollte immer wieder eingeübt werden:
- Was bewirkt das Foto in mir? Welche Emotionen löst es aus?
- Wer ist Urheber des Fotos? Wer hat das Bild veröffentlicht? Mit welchem Interesse oder Ziel? Wurde es vielleicht schon vorher veröffentlicht?
- Was ist die Aussage des Fotos? Wer profitiert davon? Passt die Bildunterschrift zur Aussage? Gibt es Hinweise auf Manipulation?
Und nicht zuletzt bietet sich das Thema Bildmanipulationen für eine Reihe von kurzweiligen Workshops an, in denen Kinder, Jugendliche und Erwachsene selbst aussagekräftige Fotos gestalten, Fotos digital bearbeiten und neue Bildrealitäten schaffen. Man könnte auch zu bekannten Bildern neue Bildunterschriften erfinden und so die Aussage verändern.
Wer selbst weiß, wie so etwas funktioniert, wird auch in Zukunft kritisch bleiben und die Aussage von Fotos hinterfragen.
Weitere Quellen zum Thema
Interessanter Audiopodcast mit Hintergrundinformationen und Links:
https://fotomenschen.kopfstim.me/die-geschichte-der-bildmanipulation/
Techniken der Bildmanipulationen mit vielen Bildbeispielen:
http://www.rhetorik.ch/Bildmanipulation/Bildmanipulation.html
Guter Artikel, der die Wirkung von Bildmanipulationen erklärt:
https://uebermedien.de/62449/macht-manipulation-ein-bild-luegt-mehr-als-1000-worte/
Wie mit Fotos Propaganda gemacht wird:
Kriegsbilder: Eine Geschichte der Bildmanipulation