Bodypainting im Kinderhort
Sich selbst in einer neuen Haut erleben
Im Jahr 2000 haben Michaela Peise und Oliver Spalt in mehreren Kinderhorten Bodypainting Seminare durchgeführt. Die Kinder und Jugendlichen sollten sich mal anders erleben und so ein besseres Körpergefühl mit gesteigertem Selbstbewusstsein aufbauen.
Zwei dieser Projekte wurden sehr anschaulich dokumentiert und sind hier zu sehen: |
In dem Projekt wurde ausschließlich mit den Farben Schwarz und Weiß gemalt. Im Anschluss wurden schwarzweß Fotos gemacht. Die gesamte Filmentwicklung und Bildvergrößerung fand mit den Kindern und Jugendlichen statt.
Bodypainting ist eine Kunstform, die eine intensive Auseinandersetzung mit dem eigenen Körper und dem gegenüber verlangt. Der eigene Körper wird hier zu einem Kunstwerk. Doch diese Körperkunstwerke sind vergänglich. Mit Hilfe der schwarz/weiss Fotografie lassen sie sich zum einen dokumentieren, zum anderen aber auch weiterentwickeln.
Diese Kombination aus Fotografie und Bodypainting läßt auf diese Weise ein doppeltes Schaffen zu.
Bodypainting als neue Körpererfahrung
Gerade durch das Bodypainting wird der eigene Körper auf eine faszinierend neue Art erlebt. Die Haut wird beispielsweise zu einem Kleidungsstück, zu einem Gegenstand, sie verschmilzt mit der Umgebung oder sie wird selbst zu einem ganz besonderen Schmuckstück. Der Körper wird so zu etwas besonders Wertvollem, gleichermaßen zu einem eigenen Kunstobjekt. Durch Kleidung, Schminke und Beleuchtung läßt sich gut mit anderen Outfits, Körperhaltungen oder Gesichtsausdrücken spielen. Auf unverbindliche Art und Weise können die Jugendlichen ausprobieren, wie sie wirken. Sie können in Rollen schlüpfen, in denen sie sich schon seit langem erleben wollte. Um den Bezug zur schwarz/weiß Fotografie herzustellen, werden ausschließlich die Farben Schwarz und Weiß verwendet.
Schwarz/Weiß Fotografie als Mittel, den eigenen Körper anzuerkennen
Die Fotografie bietet die Möglichkeit, dieses Kunstwerk festzuhalten. Als eigene Kunstform geht sie jedoch noch einen Schritt weiter. Mit ihr läßt sich dieses Kunstwerk weiter bearbeiten und es entsteht – auf einer neuen Ebene – ein neues künstlerisches Werk. Durch die Beschäftigung mit dem Bild ihres Körpers erfahren Jugendliche, wie sie ihr Outfit und ihr Verhaltensrepertoire erweitern können aber auch, wie wertvoll ein wirklich echter Ausdruck ist. Durch die Arbeit mit ihrem eigenen Bild können Jugendliche mehr und mehr zu ihrer eigenen Person und ihrem Aussehen stehen sowie eine eigene Identität und ein positiveres Selbstbild entwickeln. Wenn sich Jugendliche auf diese Weise produktiv mit ihrem Körper und dem Bild davon auseinandersetzen, erfahren sie, daß andere Makel, die man an sich selbst feststellt, gar nicht wahrnehmen oder manchmal sogar attraktiv finden. Sie sehen sich selbst aus einer anderen Perspektive als nur frontal vor dem Spiegel. Im Austausch mit anderen über dieses Thema können sie erfahren, daß diese Diskrepanz von Selbst- und Fremdbild durchaus normal ist. Das Akzeptieren des eigenen Körpers ist eine der Grundvoraussetzungen, um haltbare Beziehungen zu einem Partner eingehen zu können.
Bodypainting und Fotografie als beziehungsstärkendes Medium der Gruppenarbeit
In der Gruppe zu malen, zu experimentieren und zu fotografieren geht weit über den bloßen kreativen Prozeß hinaus. Das Schaffen eines Kunstwerkes steht nicht allein im Mittelpunkt sondern auch das Stärken und Festigen der Beziehungen der Gruppenmitglieder. Im Vordergrund steht hier nicht nur der Inhaltsaspekt (das Bild, das entstehen soll) sondern auch der Beziehungsaspekt, der zumeist stark im Unbewußten liegt: Indem ich jemanden aus meiner Gruppe bemale und fotografiere, gehe ich eine intensive Beziehung mit meinem Gegenüber ein. Ich beschäftige mich mit seinem Aussehen, seiner Persönlichkeit und unserer Beziehung. Es entsteht eine Intimität zwischen dem Maler/Fotograf und dem Kunstwerk/Fotografierten. Gerade das gemeinsame Tun, das Arbeiten an einer Sache und das gemeinsame Erfolgserlebnis motiviert und verbindet. Dieses Projekt unterstützt die Entwicklung von positiven Beziehungen innerhalb der Gruppe. Ferner wird die eigene Gruppenidentität durch das gemeinsame Betrachten der entstandenen Werke und durch das Veröffentlichen dieser noch weiter ausgebaut. Auf dieser Basis können tragfähige soziale Beziehungen entstehen.